Sonntag, 4. Januar 2015

Ich bin umgezogen!

Warum ist hier nichts mehr los? Nach Himmelsrand ausgewandert? Von Commander Shepard rekrutiert? Spontan mit dem Doctor auf Reisen gegangen? Nein, ganz einfach: Ich bin umgezogen!

Lin's Gaming Blog existiert jetzt auf Wordpress weiter, ihr findet mich hier:


http://linsgamingblog.wordpress.com/


Danke für die Aufmerksamkeit,

und nun husch husch, nichts wie weg von hier!

Sonntag, 12. Oktober 2014

Arrrgh! - über Wut und Videospiele






Ich bin ein ruhiger Mensch. Der Beschreibung meines Sternbildes nach zu urteilen, bin ich sogar harmoniebedürftig, sanft und sensibel. Nun glaube ich aber zu wissen, dass die horoskopische Einordnung des Menschen in idealtypische Eigenschaftskataloge nichts weiter als Esoterik-Spuk und Hokuspokus ist. Ich bin gewiss nicht sanft und sensibel, schon gar nicht strebe ich nach Harmonie! Nun, zumindest nicht dann, wenn ich gerade in den virtuellen Welten eines Videospiels meine Allmachtsfantasien auslebe. 

In Age of Empires unterjoche ich zum Beispiel ganze Ethnien und zerstöre ihren Lebensraum, indem ich meine Infanterie mit Schild, Schwert und Inbrunst auf deren Häuser einschlagen lasse. In Call of Duty hetze ich meinen Soldaten auf die gegnerische Fraktion und bekomme Erfahrungspunkte für jeden Kopf, der das virtuelle Projektil meiner AK-47 von nahem gesehen hat. Sogar im vermeidlich pazifistischen und ach so niedlichen Super Mario hüpfe ich mit einem schnauzbärtig kaltschnäuzigen Klempner zum Sieg, während ich mein Münzkapital sprunghaft erweitere und nebenbei ahnungslose Gumbas zermatsche. Ja wohl, auch eine liebenswerte Waage hat einen Hang zum Bellizismus: Sie strebt nach Macht und Ressourcen; Sie will gewinnen, und das am liebsten immer.

Doch was ist, wenn ich nicht gewinne, wenn wir nicht gewinnen? Was ist wenn unser Spiel nicht mehr unser Spiel ist, weil uns jemand eifrig und kräftig in die Suppe spuckt?

Ich stürze in Rayman Legends an einer Stelle zwanzig mal in den Abgrund, obwohl ICH DOCH X GEDRÜCKT HABE! In Dark Souls II werde ich hinterrücks von einem Zyklopen gefressen, während ich mich gerade in einem kurzen Moment der Unaufmerksamkeit mit zwanzigtausend Seelen im Gepäck über den hart erkämpften Sieg über die Sangesdämonin freue. Ich werde bei Call of Duty immer und immer wieder mit gegnerischen Kugeln gefüttert, obwohl ICH DOCH ZUERST GESCHOSSEN HABE! In Mario Kart 8 habe ich seit 2 Runden das Rennen angeführt, werde aber kurz vor der Ziellinie von einem roten Panzer getroffen, sodass mich Baby Peach in allerletzter Sekunde DOCH NOCH ÜBERHOLEN KANN!

ARRRGH!

Nicht nur harter Singleplayer-Tobak wie wie beispielsweise Dark Souls, Rayman Legends und das oben erwähnte Super Mario geben Anlass für ausschweifende Wutausbrüche. Gerade kompetitive Multiplayer-Spiele sind Quelle unsäglicher Wut: Rage-quit, purpurne Gesichter, Spuckespritzer am Bildschirm - das alles hat es irgendwo schon einmal gegeben und irgendwer wollte doch einfach nur Unreal Tournament spielen.


Zur Wut im Multiplayer eine Affen-Anekdote: 

Da hocke ich während einer Partie Call of Duty nun allein in meinem Zimmerlein, wirbele sämtliche Glieder des Körpers anti-ästhetisch durch die Luft und posaune Wortkompositionen heraus, die auf der Straße nicht nur Übermütter dazu veranlassen würden, schlagartig ihren Kindern die Ohren zu versiegeln. Mein nüchternes Ich, welches gerade diesen Text schreibt, blickt auf dieses tobende Geschöpf nur kopfschüttelnd herab und erinnert sich an so manchen wunderschönen Ausflug in den Zoo: Ganz spannend finde ich dabei immer die Affengehege, wo unsere pelzigen Verwandten nicht immer nur gemütlich umherschwingen, sondern sich auch manchmal nach allen Regeln der Natur anschreien und bestialisch durch den Dreck wälzen, um ihr Revier sowie alles andere, was ihnen teuer ist, zu verteidigen. Interne Probleme unter Affen, sprich Revierkämpfe und der Wettstreit ums Weibchen, werden mit Gebrüll und dem Einsatz scharfer Zähne gelöst. Was sich die Äffchen da genau zu sagen haben, will ich lieber nicht wissen.

Ein ähnliches Verhalten können wir nun auch bei uns, jener Spielerschaft, die ihre Kräfte im kompetitiven Online-Multiplayer misst, beobachten. Mit unseren Köpfen hausen wir in unserem virtuellen Affenkäfig; Via Headset beleidigen wir uns und unsere Mütter, werfen einander vor, geschummelt zu haben, weil wir es nicht dulden können, von einem anderen geschlagen worden zu sein. Doch warum ärgern wir uns, wenn wir alleine für uns spielen und uns andere Spieler nicht in die Suppe spucken können? Primärer Grund für den Gram sind hier entweder (a) externe Störungen oder (b) intrinsisches Versagen (und hier wollte ich eigentlich nur einen coolen Hauch von Wissenschaftlichkeit einbauen. Im Prinzip bedeutet das, dass (a) beispielsweise der Nachbar mit dem Bohrer bohrt und (b) der Spieler zu blöd zum Spielen ist).


Dazu eine weitere Affen-Anekdote:

Ein Freund aus vergangenen Grundschultagen hat einmal bei einem Zoobesuch mit der gesamten  Klasse solange vor einem Gorillakäfig herumgehampelt, bis der Herr des Hauses anfing, mit seinem Kot auf unsere Schülergruppe zu werfen. Es gab großes Geschrei auf beiden Seiten; Der menschliche Übeltäter bekam ein Klassenbucheintrag von meiner Lehrerin, der tierische Übeltäter bekam später sicherlich eine Banane, um den Energieverlust nach dem ganzen Ärger wieder auszugleichen. Ich selbst hielt mich während des Clinches im Hintergrund. Getroffen wurde ich so glücklicherweise nicht (eine Freundin schon. Am Schuh.).

Dieser Vorfall hatte durchaus seine Geschehnisberechtigung, denn eines wird mir jetzt klar: Der gute Gorilla wollte nicht, dass sich ein dahergelaufener Noob in sein Spiel einmischt. Der wollte einfach nur in Ruhe sein Ding machen. Er wollte sein Spiel spielen und musste den Störenfried irgendwie loswerden. Ich verurteile ihn dafür nicht. Wenn meine Mutter also beim Endboss, bei der nächsten Online-Partie oder gerne auch während einer wichtigen Zwischensequenz mit dem Staubsauger gegen meine Zimmertür bollert, wenn der Nachbar mit dem Bohrer bohrt und wenn die sich Tante am Telefon nach meinem Weinkonsum erkundigt, werde ich zwar nicht mit Kot werfen, aber zumindest affenartiges Geschrei ausstoßen. Und das ist voll okay. Tiere sind tierisch, Menschen sind menschlich und der Witz ist, dass es da scheinbar keinen großen Unterschied gibt.

Nun brauchen wir aber nicht allzu traurig sein, ein bisschen besonders ist der Mensch ja schon. Denn was der Affe nicht kann, ist sich selbst einzugestehen, ein Verlierer zu sein. Wir, du und ich, sind uns selbst bewusst. Wir haben Erwartungen an uns selbst, die bei Erfolg erfüllt oder gar übertroffen werden können. Tja, und wenn wir verlieren, ist eben das Gegenteil der Fall: Unsere Erwartungen wurden nicht erfüllt, wir sind von uns selbst und von unseren Fähigkeiten enttäuscht, uns plagen Selbstzweifel und wir wollen am liebsten alles und jeden hinschmeißen, um uns in Zukunft lieber neuen, einfacheren Herausforderungen zu stellen. Und da beginnt der eigentliche Ärger. Wie viele Videospiele haben wir abgebrochen, weil sie zu schwer waren, weil wir ihnen nicht gewachsen waren? Aus wie vielen FIFA-Matches sind wir in Rage geflüchtet, weil der Gegner uns innerhalb von 10 Spielminuten drei Tore reingedrückt hat, und wie oft hatte ich wohl den Gedanken, die Disc von Dark Souls einfach für immer aus meiner Konsole zu verbannen, weil ich Ornstein und Smough auch nach dem zehnten Versuch nicht besiegt habe?

Nicht nur, aber gerade in Spielen aus der Riege der ,,Souls-Reihe" stehen wir vor der Frage: Soll ich aufgeben oder standhalten? Bin ich stark genug oder bin ich etwa zu schwach? So habe ich Dark Souls II nur bis zum Ende durchgestanden, weil ich meine Selbstzweifel zurückgehalten habe. Ach Quatsch, ich habe sie gar nicht erst aufkommen lassen. Der Trick? Ich habe meine Wutanfälle - denn ich echauffierte mich in diesem Spiel öfter als in meinen gesamten vierhundert Stunden Spielzeit in Modern Warfare 2 - einfach in Energie umgewandelt. Ich wollte nicht, dass eine bloße Anhäufung von Daten mein fleischiges Ich besiegt. Schließlich habe ich es geschafft: Ich bin zu einer Dämonin geworden, zu einer Bestie, ja zu einem Greymon bin ich digitiert! Mit all meiner bösen Macht habe ich dieses verdammte Spiel besiegt. 

ARRRGH!

Dadurch, dass ich Dark Souls besiegt und gelernt habe, meine böse Energie in Schaffenskraft umzuwandeln, bin ich übrigens in Bezug auf andere Videospiele ein ruhigerer Mensch geworden, gar sensibel und harmoniebedürftig. Im Grunde hat dieser Text jetzt sogar eine Message:

 ,,Leb' deinen Traum, denn er wird wahr. Geh' deinen Weg, stelle dich der Gefahr! Alles, was wichtig ist, wirst du erkennen, wenn die Zeit gekommen ist! Ja greif' nach den Sternen, du bist bereit. Glaub an dich bald ist es soweit [...]"

(aber Horoskope und Sternbilder sind Quatsch. Ehrlich jetzt.)





Montag, 6. Oktober 2014

Lösungsbücher: Kunst, Information und krasses Fan-Gehabe




,,Kommen Sie nicht weiter? Ist der Boss zu stark? Kein Glück im Spiel? Greifen Sie zum Lösungsbuch und schließen Sie das Spiel erfolgreich ab!" - So bewirbt ein namhafter Elektronikhändler die zumeist von Piggyback oder Bandai Namco herausgegebenen offiziellen Nachschlagewerke, die den Spieler vertiefende Einblicke in die Materie des jeweiligen Videospiels gewähren. Diablo 3, Call of Duty Ghosts, Grand Theft Auto 5, Watch_Dogs, Assassin's Creed IV: Black Flag oder Sims 4 - Mittlerweile gibt es zu fast jedem namenhaften Spiel ein offizielles Lösungsbuch. Die meisten dieser Spiele habe ich allerdings ohne die Hilfe eines solchen Folianten durchgespielt. Die Fundorte der fünzig Briefschnipsel in GTAV? Die habe ich einfach mit ein paar schnellen Klicks im Internet in Erfahrung gebracht. Die Standorte der acht Tavernen in AC IV: Black Flag? Die habe ich auf gleichem Wege gefunden. Sind Lösungsbücher im Zeitalter des Web 2.0 überhaupt noch sinnvoll? Sind Lösungsbücher Relikte vergangener Tage, an denen das Internet noch in den Kinderschuhen steckte? Gewiss nicht, um diese Antwort schon einmal vorwegzunehmen. Dennoch ist es nicht abzustreiten, dass sich die Haltung, meine eigene Haltung, gegenüber Lösungsbücher in den letzten Jahren gewandelt hat.


Steht doch alles im Internet!


Wir befinden uns in der Ära der schnellen Information: Jeder kann jederzeit jegliche Info ins Netz stellen, an denen sich ein anderer jederzeit und vielerorts bedient. Das ist effizient, kostenlos und rasend schnell. Wozu sollten wir uns die Mühe machen, Informationen zu kaufen, die in klobigen potenziellen Staubfängern niedergeschrieben sind? Das ist eine berechtigte Frage, gerade wenn man an der First-World-Krankheit leidet, in seiner Wohnung an der Masse eigener Produkte allmählich zu ersticken. Dies gilt natürlich nicht nur für Lösungsbücher, sondern für haptische Medien allgemein: Aus alten analogen Zeiten hat sich eine Produktpalette aus Verpackungen, Schachteln, Collectors-Edtions, Steelbooks und Sammelbänden in unseren Heimen breit gemacht, die nur stockend von einer vollständigen Digitalisierung ersetzt wird. Wer herzlos ist, beschleunigt diesen Vorgang und schmeißt seinen Kram aus dem Fenster, um in Zukunft nur noch auf Streaming-Dienste und Download-Content zu setzen. Wozu ein Regal? Steht doch alles im Internet! Die Sammelwütigen hingegen, horten die bunte Packungsvielfalt ihres Lieblingsmediums in ihren beeindruckend erdrückenden Spielzimmern und wollen von digitalen Inhalten am liebsten gar nichts wissen. Wer so ist wie ich, ein Hybrid, der hütet und behält sein geliebtes Sammelsurium, fügt aber nur noch bedingt haptische Produkte hinzu, um das Chaos im Raum noch einigermaßen im Schach halten zu können. So kann ich feststellen, dass ich die Angebote im PSN-Store seit meiner Mitgliedschaft bei PS Plus viel häufiger wahrnehme als zu Beginn der damals neuen Konsolengeneration. Ich lade Playstation-Spiele herunter, benutze begeistert Video-on-Demand-Dienste und habe auch noch einen Steam-Account - die Vorteile einer Digitalisierung des Alltags sind auch an mir, einer einstigen Verpackungspuristin, nicht spurlos vorbeigezogen. Hübsche Steelbooks zu meinen Lieblingsspielen und heiß erwartete Blockbuster kaufe ich dennoch in haptischer Form. Ein Lösungsbuch habe ich mir hingegen lange nicht mehr zugelegt. Und das ist traurig, da mir deren Bedeutung erst jetzt während des Schreibens so richtig klar geworden ist.


Klarheit, Kunst und kindliche Begeisterung


Mein letztes Nachschlagewerk kaufte ich zu Rockstar's Action-Meilenstein GTA: San Andreas, welches am 26. Oktober des Jahres 2004 erschien. Das dazugehörige Buch habe ich ungefähr im gleichen Zeitpunkt, vielleicht einige Wochen später, in meinen Besitz gebracht. Ein Lösungsbuch zu einem Spiel, in dem es im Wesentlichen darum geht, stumpf auf Menschen zu schießen und mit dem Auto durch die Stadt zu donnern? So ein Quatsch, das kann doch jedes Kind!

Tatsächlich erachtete ich den Kauf eines Spielbegleiters (man merkt, wie ich verzweifelt nach Synonymen für "Lösungsbuch" suche) für GTA: SA als äußerst sinnvoll, eben weil ich vor zehn Jahren nicht über die Möglichkeit verfügte, im Internet nach den Fundorten aller Sammelgegenstände zu suchen. Denn damals hatte ich mir vorgenommen, das Spiel zu 100% durchzuspielen, was ich mit der Hilfe des Lösungsbuches tatsächlich auch geschafft habe: Ich wagte mich an sämtliche Monsterstunts, absolvierte alle Haupt- und Nebenmissionen, gewann jedes Autorennen und fand alle Sammelobjekte, ob Austern, Hufeisen, Schnappschüsse oder Graffitis. Gerade bei letzterer Errungenschaft fragte ich das Lösungsbuch nach Rat und kreuzte pingelig genau die kleinen Vorzeigebildchen der Fundorte mit einem Buntstift ab. Die grafische Gestaltung, welche dem Stil des im Spiel beigelegten Handbuches gleichkam, war jedoch nur nettes Beiwerk, hatte mich aber nicht in einen ästhetischen Rausch verfallen lassen. Hier ging es um reines, gebündeltes Wissen, welches dieses Buch wie eine Formelsammlung der Mathematik trocken präsentierte.

Anders verhielt es sich bei Final Fantasy: Die Lösungsbücher zu den Playstation2-Ablegern Final Fantasy X und Final Fantasy XII legte ich mir zunächst nur wegen des Informationsgehaltes zu. Wer die Serie kennt, weiß, dass Square Enix', respektive Squaresofts, Vorzeige-RPGs sich (zumindest vor der ,,Generation PS3") durch ihre Komplexität und Spieltiefe auszeichneten: Schwarze Bestia, Blitzball, Waffen des Solaris, Mob-Jagd, Schätze, Crafting und Ultimawaffen - mit diesen beiden Spielen hatte ich damals auf der PS2 aller Hand zu tun.


Das jeweilige Lösungsbuch war bei der Bewältigung dieser Herausforderungen eine große Hilfe und das wusste ich zu schätzen: Denn einige Jahre zuvor, als noch eine der vier Discs von Final Fantasy IX in meiner PS ONE rotierte, rannte ich jedes Mal, wenn ich in diesem Spiel nicht weiterkam, ins örtliche Elektronikgeschäft und suchte im Ausstellungsstück des offiziellen Spielbegleiters nach der richtigen Lösung. Ich muss wohl sehr ausdauernd gewesen sein, denn dies ereignete sich solange, bis ich Final Fantasy IX samt PS ONE verbannte und mir zur Jahrtausendwende endlich eine PS2 mit Final Fantasy X samt Lösungsbuch zum Geburtstag wünschte.

Die edlen Piggyback-Nachschlagewerke begleiteten mich sicher und verlässlich durch das Spiel: Sie waren Kompass, Karte und Enzyklopädie zugleich. Auch heute schaue ich ab und zu in diese Folianten, die neben zahlreichen Details und Infos auch mit wunderschönen, handgezeichneten Artworks gespickt sind: Charaktere, Waffen, Monster, Weltkarten - alles wurde stilgerecht abgebildet. Nicht selten verweilte ich auf einer Seite, um mich an den Bildern und detailreichen Beschreibungen zu ergötzen. Wenn ich mich durch die Seiten blättere, fühle ich mich sofort wieder nach Spira oder Ivalice zurückversetzt; Das ist ein Qualitätsmerkmal, welches die Final-Fantasy-Lösungsbücher auszeichnet und beispielsweise vom oben Genannten abgrenzt.

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Die Dienste eines Spielberaters nahm ich übrigens zum ersten Mal für Pokémon Gold und Silber in Anspruch. Das hatte, anders als bei Final Fantasy und GTA, nicht etwa einen rationalen Gedanken zur Grundlage, sondern geschah aus reiner Faszination zum Franchise. Mein damaliges Grundschul-Ich jagte und sammelte nämlich Pokémon-Merch wie es sich für einen Rollenspielfan gehört: Plüschtiere, Sticker samt Sammelalbum, die Karten des Pokémon Traiding Card Games oder Plastik-Pokébälle, in denen sich neben Trash-Süßigkeiten eine zufällige Pokémonfigur befand.

,,Der offizielle Nintendo Spielberater" zu meinen absoluten Lieblingsspielen auf dem Game Boy nahm in dieser Sammlung natürlich einen Ehrenplatz ein. Es ging also weniger um die darin vermittelte Information (ich war ein echter Pokémon-Crack und Meisterin meines Fachs) als um die Freude an der Serie per se. Es ging mir um die Illustrationen, die Aufmachung; Es ging um das Gefühl des Tiefer-Eintauchens: Das Lösungsbuch bot noch mehr von Pokémon, noch mehr Bildchen meiner geliebten Taschenmonster und noch mehr Impressionen dieser liebevoll gestalteten Welt.

 

Die Magie des Lösungsbuches


Das Artbook als ästhetisch erweiterte (und daher teurere) Form des Lösungsbuches verzichtet hingegen zumeist ganz auf den informierenden Gehalt und dient somit vollständig der reinen Ergötzung am Medium. Dass das Angebot von Artbooks, Tagebüchern oder Enzyklopädien, die nicht selten einer ebenfalls zur Gewohnheit gewordenen Collectors-Edtion beilegen, in den letzten Jahren so immens gestiegen ist, ist unter anderem dem Aufstieg des Internets als universalen Informationshort geschuldet. Logisch, denn wenn Information in abgedruckter Form überflüssig geworden ist, lässt man sie weg. Kunst hingegen ist gefragt wie eh und je.



Auch beim Kauf eines Lösungsbuches geht es nur noch sekundär darum, Informationen über Strategie, Taktik und Sammelbares zu bekommen. In erster Linie ist die ästhetische Magie, die Aura des Buches, eine jene bestimmende Kraft, welche vom Fan des jeweiligen Games Besitz ergreift, ihn hypnotisiert und somit zum Kauf bewegt. Lösungsbücher sind keineswegs überflüssig oder sinnlos solange, sie die Freude am Spiel durch Detailreichtum und Ästhetik verlängern: Indem sie den Spieler als Symbiose von Kunst und Information etwas tiefer und vor allem geordneter in die jeweilige Materie eintauchen lassen, haben sie schon über das allumfassende aber chaotische Internet gesiegt. Das Lösungsbuch ist sinnlich wahrnehmbar: In einem stilvoll gestalteten Lösungsbuch zu blättern, sich Zeit zu nehmen und darin einzutauchen, bedeutet meistens, auch in die Welt des jeweiligen Spiels einzutauchen. Damals als ich die langen Monsterlisten des Lösungsbuches zu Final Fantasy XII studierte oder die scheinbar handgezeichneten Karten der verwinkelten Höhlen und riesigen Wüsten nach seltenen Items absuchte, war ich ein Teil dieser Welt, eben weil das Buch durch seine Ästhetik so wundervoll mit dem eigentlichen Spiel harmonisierte. Während ich spielte, lag das Lösungsbuch auf meinen Schoß; Es gehörte zum Spiel und das Spiel gehörte zum Buch. Beim Kauf eines Lösungsbuches geht es um die Erweiterung der Spielerfahrung durch dieses Medium. Sie sind ein Zusatz, welcher tiefgreifendes Wissen über Fakten, Geheimnisse, Items, Gegner, Strategie und Taktik bündelt und obendrein (im besten Fall) kunstvoll präsentiert. Dabei stechen nicht nur die Lösungsbücher zu Final Fantasy hervor, auch beispielsweise Dark Souls II und Assassin's Creed IV bieten Begleitlektüre, die nicht nur kunstvoll gestaltet ist, sondern auch stilvoll über Details, Handlung, Personen, Orte und Objekte informieren. Letzteres bietet sogar ein Glossar der Piraterie, welches über die vielschichtige Piratensprache aufklärt. Arr!

Kunst und ein tieferer Einblick in die Welt des Spiels - das sind die zwei Indikatoren, die das Lösungsbuch auch in Zeiten des Web 2.0 in seinem Dasein berechtigen. Klickt man sich durch die Rezensionen verschiedenster Lösungsbücher zu aktuellen Titeln, findet man daher nicht selten die bezeichnende Floskel: ,,Für Fans ein Muss!".



Samstag, 30. August 2014

Die besten Spiele für den Game Boy Advance (Teil 2)


Final Fantasy Tactics Advance


In eine andere Stadt umzuziehen bedeutet für ein Kind, welches gerade das zehnte Lebensalter erreicht und den Horizont seines noch so jungen Lebens um ein weiteres großes Stück erweitert hat (es war jetzt schließlich genau in dem richtigen Alter, Pokémontrainer zu werden), unvorstellbar schrecklich. Ich selbst befand mich im Winter vor circa dreizehn Jahren in diesem Dilemma: Meine Eltern, mussten der Arbeit wegen die kleine Stadt, in der ich ein Jahrzehnt meines Lebens verbrachte, verlassen und nahmen mich natürlich mit. Sie rissen mich heraus aus dem Ort, den ich als meine Heimat bezeichnete. Stattdessen ging es in die Großstadt, eine für mich fremde und neue Welt. Ich musste meine Freunde zurücklassen; ich musste die Herausforderung annehmen, wieder ganz von vorn anzufangen. Eine neue Klasse, neue Gesichter, neue Freunde und neue Rivalen - auf all das musste ich mich binnen kurzer Zeit einstellen.


In dieser nicht immer leichten Phase der Neuorientierung verbrachte ich mehr Zeit mit meinem Game Boy als sonst: Ich spielte Pokémon Silber nochmals durch, um mich an die unbeschwerten Linkkabelkämpfe mit meinen alten Freunden auf dem Schulhof zu erinnern; ich spielte Dragon Ball Z: Legendäre Superkämpfer, weil mir die Serie damals viel Kraft gab; und ich entdeckte die Final-Fantasy-Serie für mich, jedoch zunächst nur auf der Playstation. Damals spielte ich Final Fantasy 8 und Final Fantasy 9 rauf und runter, kannte ganze Dialoge auswendig, kannte jeden Pixel-Pflasterstein eines jeden kleinen Dorfes. Dann eines Tages, es muss im Oktober 2003 gewesen sein, sah ich es im Regal des Elektronikmarktes: Eine kleine weiße Pappschachtel, die mit der wohlbekannten edlen Schrift bestickt war: Final Fantasy Tactics Advance. Und dieses Spiel war nicht für die Playstation, nein, es war für meinen geliebten Game Boy Advance, den ich mir jüngst zugelegt hatte. Es war ein Final Fantasy zum mitnehmen; es war ein Final Fantasy zum Spielen unter der Bettdecke. Ich musste nicht lange überlegen und kaufte es.

Der Anfang des Spiels war märchenhaft: Schneeflocken fielen vom Himmel und veranlassten die Menschen einer realitätsnahen Kleinstadt, sich in einer mollige Wintergaderobe zu werfen; Autos fuhren durch die verschneiten Straßen und in den Wohnungen beseitigte der warme Kamin jegliche kühle Winterstimmung. Nach diesem von wunderschöner Musik untermalten Auftakt fand ich mich auf einem Schulhof wieder, auf dem sich eine Schneeballschlacht anbahnte. In dieser Schlacht ging es um alles. Hier ging es vor allem um den Neuen der Klasse, Marche, der mit seinem kleinen Bruder Doned in das winterliche St.Ivalice gezogen ist. Von seinen Klassenkameraden gnadenlos unterschätzt, gemobbt, gehänselt musste er sich mit den einzigen zwei Person, die zu ihm hielten behaupten; er musste mit ihnen zusammen im frostigen Weiß einen kühlen Kopf bewahren. Der eine, ein Junge mit dem Namen Mewt, war ein Außenseiter. Die andere Person war ein Mädchen namens Ritz, verspottet, wegen ihrer unnatürlichen leuchtend pinken Haarfarbe. Und so wurde ich mitten hineingeworfen in die Schneeballschlacht.

Der Bildschirm zeigte ein Kampfareal, auf dem ich meine Figuren wie auf einem Schachbrett bewegen konnte. Ziel war es, die anderen Kinder mit dem Schneeball ordentlich einzuweichen und dabei selbst nicht allzu viel Schaden davon zu tragen. So lernte ich spielerisch, auf ungefährlichem und konsequenzlosem Boden, die Grundmechaniken von Final Fantasy Tactics Advance. Denn dieses Spiel war kein herkömmlicher Teil der Serie, sondern ein rundenbasiertes Taktik-Rollenspiel!
Final Fantasy Tactics Advance bewies vielmehr Spieltiefe als ich es je von einem Spiel dieser Serie gewohnt war. Das forderte und, zugegeben, überforderte mich damals als Kind. Doch schauen wir uns das Spielprinzip einmal genauer an.

Fast vergaß ich: Die Schneeballschlacht hatten Marche, Ritz und Mewt natürlich für sich entscheiden können. Danach überschlugen sich die Ereignisse: Zur Feier des Tages lud der Neuankömmling Marche seine Freunde zu sich nach Hause ein. Mewt, der zuvor ein Buchgeschäft besucht hatte, brachte seine Ausbeute mit. Es handelte sich um ein altes, schweres Märchenbuch. Was sie nicht wussten: Dieses Buch war das legendäre Gran Grimiore. Obwohl die Protagonisten unfähig waren, die geheimnisvolle Sprache des Buches zu verstehen, blätterten sie sich durch dessen Seiten und versuchten zu lesen: 


,,Alta oron. Sondus kameela“

Das erste was Marches noch müden Augen am nächsten Morgen sahen, waren nicht etwa die zugezogenen Vorhänge seines Zimmers. Nein, es war gleißendes Sonnenlicht und der schimmernde Sand einer Welt, die scheinbar das völlige Gegenteil zur winterlichen Kleinstadt darstellte.

Willkommen auf dem Kontinent Ivalice!



Der neue Geist des Feudalismus


Die Arbeitsgesellschaft im feudalen Wüstenkontinent Ivalice lebte nicht nur von seinen Händlern und Tavernenbesitzern: Ein Großteil der Bevölkerung war Mitglied eines Clans, einer Interessengemeinschaft, die sich auf Grund gemeinsamer Talente und Weltanschauungen zusammenfand und zusammenarbeitete. Diejenigen, die zum Wohlwollen aller handelten, die den Schwachen halfen und den starken Abtrünnigen Einhalt geboten standen denen gegenüber, die sich für einen weitaus dunkleren Weg entschieden hatten. Sie plünderten Dörfer und raubten fahrende Händler aus; sie logen und betrogen. Gut und Böse befanden sich im andauernden Widerstreit, sie bekämpften sich, sie gönnten einander nichts.

Das Clanleben war hart, das merkte auch Hauptcharakter Marche, der vom Moogle Montblac kurz nach seiner Ankunft in der fremden Welt in den Neulings-Clan Wirrling aufgenommen worden war. Denn ein sicheres Leben zu führen, hieß auch in Ivalice, Macht und Geld zu besitzen: Ein ehrlicher Clan, so auch mein eigener, nahm dafür Missionen in der örtlichen Taverne an. Bei Erfolg winkten genre-typische Belohnungen wie Waffen, Rüstungen, Items, Gil sowie Erfahrungs- und Clanpunkte. Letztere steigerten den Rang des Clans, sodass nach und nach anspruchsvollere Missionen freigeschaltet wurden.


Zudem boten nach abgeschlossenem Kampf  potenzielle Clanmitglieder ihre Dienste für Wirrling an: Maximal 24 Gefährten, von Mensch bis Viera,  konnten mit Waffen, Rüstungen, Accessoires und Talenten ausgestattet werden. So verbrachte ich damals nicht nur viel Zeit auf dem Schlachtfeld, sondern beinahe genau so viel im Menü.Wie eben schon angedeutet, lebten in Ivalice nicht nur Mensch und Mogry, sondern auch zahlreiche andere Rassen, die bereit waren, im Clan-Alltag mitzumischen: So konnten auch die echsenartigen Bangaa, die weisen Nu Mou oder die grazilen Viera einem von 34 Jobs, dem für Final Fantasy typischen Äquivalent zur herkömmlichen ,,Klasse", zugewiesen werden. Diese waren teils rassenexklusiv, teils universell: So konnte ein Mensch das Amt des Paladin bekleiden; Ein kräftiger Banngaa eignete sich perfekt als Gladiator, eine gerissene Viera hingegen machte sich gut als Scharfschützin.

Die Neben- und Hauptmissionen des Taktik-RPGs sind dabei nie besonders vielseitig gewesen, was aber als allgemeines ,,Problem" des Genres nicht als schwerwiegendes Manko anzusehen ist. Feindliches Diebesgesindel besiegen, einen besonderen Mob plus Monstergesellschaft bezwingen, oder einen VIP im Kampf beschützen - das alles sind typische Aufträge eines rundenbasierten Taktik-Rollenspiels, die unter anderem auch in Fire Emblem Awakening zu finden sind. Doch ein unkreatives Missionsdesign fällt bei einem Genre, bei dem Kampf und Kampfmechanik per se im Vordergrund stehen, nicht sonderlich ins Gewicht.



Die Strategie des Krieges


Wie von einem rundenbasierten Strategie-RPG gewohnt, blickte ich in einer isometrischen Perspektive auf den Kampfschauplatz, der in ein quadratisches Raster untergliedert war. Je nach Laufgeschwindigkeit und Reichweite der jeweiligen Figur, konnte ich diese entsprechend bewegen und Angriff oder Verteidigung planen. Höhenunterschiede im Terrain bestimmten zusätzlich die Planung eines Zuges: So war ein Bogenschütze weitaus effektiver wenn er von einer erhöhten Plattform aus angriff. Ein klassischer Schwertschwinger übte sich hingegen im Nahkampf; wie effektiv dieser ausfiel, bestimmte die jeweilige Angriffsposition: Ein frontaler Schlag konnte vom Gegner leicht geblockt werden. Ein heimtückischer Stich in den Rücken, verursachte jedoch immensen Schaden.


So weit, so klassisch - die Besonderheit des Kampfsystems bestand jedoch aus Gesetzen, die den Kampf mit bestimmten Restriktionen versahen: Denn Ivalice war kein gesetzloser Kontinent, auf dem jeder nach eigenem Gusto beliebig handeln konnte. So gennante Richter, mehr oder minder freundliche Rüstungsträger, die uns in auch Final Fantasy 12 begegnet sind, sorgten dafür, dass geltende Gesetze und Regeln eingehalten wurden. Diese Gesetze belohnten, bestraften oder gar untersagten bestimmtes Kampfverhalten: So konnte es beispielsweise vorkommen, dass in einem Match der Einsatz von Dolchen und Schwertern untersagt wurde. Wer entgegen der jeweiligen Vorschriften handelte, sammelte die rote Karte und musste sogar mit einer Gefängnisstrafe für die abtrünnige Spielfigur rechnen, welche im Anschluss nur mit einer hohen Summe Gil freigekauft werden konnte. Die Gesetze fielen zudem von Kampf zu Kampf unterschiedlich aus und verlangten deshalb Planungssicherheit und zuweilen Improvisation, was nicht nur die (An)spannung hob, sondern auch für Frust sorgen konnte, wenn die speziellen Regeln ausversehen überlesen wurden. Das Einhalten der Gesetze sowie das Besiegen von Gegnern bescherte hingegen Richterpunkte, mit denen es möglich war, mächtige Totema zu beschwören. Diese konnten mit verheerenden Angriffen das Blatt zu meinen Gunsten wenden und somit einen Kampf schnell beenden.



In Memoriam

In meiner anfänglichen Überforderungsphase war ich zerrissen: Dieses Spiel war kein Final Fantasy, welches mich mit seinen wohlbekannten und immer geliebten Spielmechaniken begeistern konnte: Ich konnte in diesem Spiel nicht frei durch die Welt spazieren; ich lief nicht über die Oberweltkarte, an deren Westende ein nebliger Wald auf mich wartete. Stattdessen wurden mit fortschreitender Handlung zusätzliche Gebiete verfügbar, die ich frei auf der Karte platzieren konnte. Somit oblag es mir, die Gestalt Ivalices nach eigenem Gusto zu bestimmen.
Ja, ich war lange hin und her gerissen. Doch im Nachhinein denke ich sogar, dass dieses Spiel eines der besten Final-Fantasy-Ableger ist, das ich je gespielt habe, wenn es allein um das Spielerische geht. Kein Spiel der Serie hatte mich so süchtig gemacht: Über 90 Spielstunden tüftelte und plante ich, malte mir Taktiken aus und entwickelte meinen grünschnäbligen Clan zu einer schier unüberwindbaren Festung.


Die Geschichte von Final Fantasy Tactics: Advance war eine kleine Geschichte. Versteht mich nicht falsch, sie war keineswegs ein stilles Beiwerk, das den Hauptaspekt des Spiels, die taktischen Kämpfe, sang- und klanglos ergänzte. Doch damals als Kind konnte ich mir deren Kern nicht erschließen, sodass sie für mich niemals die Qualität der Playstation-Ableger erreichen konnte. Nur die spannenden Kämpfe und das Management von Ausrüstung sowie Items zogen mich in ihren Bann. Die eigentliche Qualität der Story wusste ich erst Jahre später zu schätzen.
Denn ging es vor allem ums Erwachsenwerden; es ging um die sensiblen Fragen nach Zugehörigkeit und Anerkennung. Die Akteure befanden sich untereinander sowie innerlich im ständigen Widerstreit: Wurden sie doch in der grauen Realität als Versager verspottet; wurden sie doch gehänselt und geärgert. Nun, in der neuen Welt, in der blühenden Fantasie, konnten sie alles sein, was ihnen im vorherigen Leben, im echten Leben, niemals zustand: Sie waren Helden, stark, anerkannt und von allen geschätzt. Wozu sollten sie also zurückkehren?
Erst viel später verstand ich, dass mich damals viel mit den Protagonisten des Spiels verband: Auch ich stand vor der Herausforderung, in einer neuen, für mich unbekannten Welt, Fuß zu fassen. Ich musste mich orientieren, mich zuordnen, Anschluss finden und den Scherereien meiner Rivalen standhalten. Ständig stand ich vor der Frage, was ist wichtiger ist: Die eigene integre Persönlichkeit oder diejenige, die andere von mir verlangten? Blieb ich meinen Wurzeln treu oder passte ich mich ganz und gar der neuen Umgebung und den neuen Mitmenschen an?
All diese Fragen behandelte auch Final Fantasy Tactics Advance, das ich dadurch wohl immer in diese eine Zeitspanne meines Lebens einordnen werde.


Hier geht es zum ersten Teil der besten Spiele für den Game Boy Advance.



Sonntag, 17. August 2014

Angezockt: Little Big Planet 3





Ich war auf der Gamescom 2014 und konnte im Sony-Bereich natürlich nicht an das maskottchenhafte Hüpfspiel  Little Big Planet 3 vorbeilaufen, welches erst auf der diesjährigen E3 überraschend angekündigt wurde. Die Entwicklung übernimmt diesmal nicht Altmeister Media Molecule, sondern der Newbe Sumo Digital, welcher jedoch von der britischen Kreativschmiede tatkräftig unterstützt wird. 
Auf der Gamescom war es möglich das Jump 'n' Run, welches sein Debut auf der PS4 feiert, im Einzelspieler- oder Mehrspielermodus nicht ausgiebig, aber ausreichend zu testen. Was sind meine Eindrücke? Wird dieses Spiel auch in der neuen Generation mit gleicher Wucht einschlagen wie es einst das Erstlingswerk tat? Nun, letztere Frage lässt sich leicht beantworten: ,,Keine Ahnung!" Das gezeigte Material, war nicht aussagekräftig genug, als dass sich verheißungsvoll Prognosen anstellen lassen: Von vielfältigen Welten, vom Bastelmodus und vom Online-Multiplayer, also von all den Elementen, die einen Großteil des Spiels ausmachen, habe ich nichts gesehen. Aber zumindest kann ich jetzt schon einmal vorwegnehmen, dass ich ein sehr gutes Gefühl habe, wenn es um den alleinigen Aspekt des Spielerischen geht.


Sackfreunde
 
So ein hyper-freundlicher Sackguy ist eigentlich ein ganz geselliges Wesen und will alles andere als allein hiesige Planeten durchstreifen. Den sehnlichen Wunsch nach menschlicher ... äh stofflicher Nähe hat zumindest Neu-Entwickler Sumo Digital  erhört: Frei nach dem Motto ,,It's dangerous to go alone, take these guys with you, little Sackboy!" wurden dem armen einsamen Helden drei Freunde zur Seite gestellt. Gestatten? Das Quartett der Planetenwandler, die Guardians of another Galaxy, die fratzenhafte Gurkentruppe im Sackleinengewand:


Sackboy


Die lustigen Sackgesichter, die längst zum einen der vielen Gesichter im Sony-Gefilde befördert wurden, sind natürlich immer noch am Start. Mal fröhlich, mal ängstlich, mal traurig und mal super wütend hüpft ihr mit der Immer-noch-Hauptfigur durch die zunehmend futuristischer erscheinenden Bastelwelten von Little Big Planet 3. Keine Angst, der gute alte Sackkollege hat sich in all den Jahren seines Daseins kein Stück verändert und ist immer noch etwas hakelig und lahm auf den plumpen Stoffbeinchen. Er ist eben ein (putziges) altes Haus.




OddSock



Letargie und Langsamkeit kennt OddSock hingegen überhaupt nicht. Der ist nämlich flink auf seinen vier Beinen unterwegs, kann Wandsprünge ausführen und ist auch sonst ein ganz wuseliger Kumpane. Der getestete Level-Abschnitt mit OddSock hat mir tatsächlich am meisten Spaß bereitet, gerade weil er alte Querelen um die störrische Steuerung vergessen ließ.  Danke schrullige Socke, wegen dir ist Little Big Planet 3 jetzt viel dynamischer und flotter als seine Vorgänger!



Toggle

Manchmal wünsche ich, super groß zu sein, um bei Konzerten über alle anderen Köpfe hinwegsehen zu können; manchmal bin ich wiederum froh, klein zu sein, weil ich so durch alle Schlupflöcher und Hindernisse des Lebens problemlos verbeikomme. Und Toggle? Tja, der will sich da gar nicht festlegen und kann daher beides! Mit der L1-Taste kann diese drollige Spielfigur nämlich seine Körperform verändern: Ein kleiner Spalt führt zu einem großen Haufen Preisblasen? Kein Problem für Toggle! Der macht sich einfach zwei köpfe kleiner und fünzig Pfund schlanker, um mühelos durch den Spalt zu huschen. Ein überdimensional großer Schalter erfordert ein überdimensionales Körpergewicht? Kein Problem für Toggle! Der macht sich einfach zwei Köpfe größer und fünfzig Pfund schwerer, um den Schalter mühelos zu betätigen.


Swoop
 
Das Element Wasser hat ,,LBP" mit dem Fluch der Karibik-Level-Paket längst erobert. Mit Swoop, dem komischen Vogel der Truppe, werden nun endlich die Lüfte unsicher gemacht. Diese Lady, wohlgemerkt, kann dabei nicht nur fliegen und alle anderen Charaktere ruckzuck hinter sich lassen, sondern diese auch mit der R1-Taste greifen, um sie beispielsweise über Abgründe zu transportieren. (Abtrünnige Flattermänner und -frauen können natürlich auch ihre sadistische Seite ausleben und Mitspieler in selbigen Abgrund werfen).




Gameplay

Die neuen Gefährten des Sackboys bringen durchaus frischen Wind in das alte Flaggschiff: Little Big Planet 3 kommt flotter und dynamischer daher, ist aber totzdem nur mehr vom immer Gleichen: Immer noch hüpft man durch bunten Bastelwelten, tritt auf Schalter, rutscht Röhren hinunter und schwingt über Abgründe; man verkleidet Charakter und Umwelt, sammelt Punkte- und Preisblasen, schlägt die Mitspieler windelweich und zieht im Anschluss schadenfrohe Grimassen. Dennoch ist mehr Finesse gefragt, als je zuvor: Die Levels sind nun etwas kniffliger und erfordern den pfiffigen Einsatz der Fähigkeiten der neuen Charaktere. Denn im Vordergrund steht nun die Zusammenarbeit des Quartetts, wobei der Spieler deren Besonderheiten kombinieren muss: Während Formwandeler Toggle beispielsweise mit Übergewicht auf einen großen, schweren Schalter springt, können die anderen Figuren problemlos die zuvor versperrte Brücke überqueren. Fallterfrau Swoop kann im Anschluss den mittlerweile winzig gewordenen Toggle mit ihren Krallen greifen und zurückholen.

Neu ist auch die Erweiterung der Spielebenen: Während Sackboy in den Vorgängern mittels Vor- und Zurücktaste lediglich auf drei Ebenen agieren konnte, kommt nun, ähnlich wie in Rayman Legends, eine neue vordere Ebene hinzu: Die Figur OddSock springt beispielweise via akrobatischer Wandlaufeinlage direkt auf den Spieler zu und betritt so neue Bereiche des Levels.
Grafische Veränderungen habe ich übrigens mit der Lupe gesucht. Trotz PS4-Power sind hier nicht allzu große Überraschungen zu erwarten. Lediglich die 1080p-Auflösung und ein hübscherer Schärfeeffekt stechen (oder eher kitzeln) ins Auge.

Das, was ich von diesem Spiel gesehen habe, war keineswegs befriedigend. Little Big Planet ist ein Universum, welches alles andere als klein ist und daher nur in seiner Gänze erfahren werden kann. Doch genau das gibt Anlass, diesem Spiel mit Spannung und großen Erwartungen entgegen zutreten. Mal sehen, was da auf uns zukommt. Ich freue mich darauf.

Freitag, 15. August 2014

Die besten Spiele für den Game Boy Advance (Teil 1)




Im Frühjahr des Jahres feierte der Game Boy seinen 25. Geburtstag, den wir alle sicherlich ausgiebig gefeiert haben. Sein Nachfolger, der Game Boy Advance, erblickte am 22. Juni 2001 das Licht Europas und wird somit 13 Jahre alt. Keine Runde Zahl, aber das soll mich nicht davon abhalten, meine liebsten Titel für den Nintendo-Handheld Revue passieren zu lassen!
Der Nachfolger, der Game Boy Advance SP, zog übrigens zwei Jahre Später, am 28. März 2003, in die Elektronikläden des Vertrauens ein (und wurde auch ein Teil meiner eigenen Konsolen-Riege). Was waren, die Spiele, die mich begeisterten und Stunden an den kleinen Klotz fesselten? Den Anfang macht ein Spiel als Teil einer langen Reihe, welche zumindest in westlichen Zocker-Kreisen eher ein Nischendasein fristet:



Harvest Moon: Friends of Mineral Town


Der meiner Meinung nach beste Titel unter den Handheld-Ablegern der Serie erschien am 18. April 2003. Die Bauernhof-/ Lebenssimulation war eines meiner ersten Spiele für den GBA. Dieses Schmuckstück habe ich (wie so viele andere Spiele auch) zufällig im Spieleregal bei Media Markt entdeckt und ohne zu zögern in den Einkaufswagen wandern lassen. Dabei war ich nicht einmal vertraut mit der Serie: So hatte ich mir lediglich Harvest Moon GB einige Male von meinem Cousin ausgeliehen und deshalb nur sporadisch angezockt. Obwohl es mich störte, die Gebäude der Stadt nicht betreten sowie engere Beziehungen zu den Dorfbewohnern eingehen zu können, merkte ich schnell, dass mir das Spielprinzip von ,,HM" große Freude bereitete: Sammeln, ausbauen, abbauen, anpflanzen, pflegen, ernten - diese Tätigkeiten ließen nicht etwa meine bäuerliche Seite aufkochen, nein, vielmehr ließen sie mein Rollenspielerherz höher schlagen! 


Mit Harvest Moon: Friends of Mineral Town (HM: FoMT) hatte ich nun endlich meinen ganz eigenen Bauernhof für die Hosentasche.  
Was ich gar nicht wusste: Besagter Titel ist der quasi identische GBA-Ableger von Harvest Moon: Back to Nature für die Playstation aus dem Jahre 2001. Einzig Grafik und einige Spielelemente, wie das Frisbee-spielen mit dem Hund und die Möglichkeit, ein zweites Anwesen zu bauen, unterscheiden HM:FoMT vom älteren Bruder. Doch was macht dieses Spiel nun so besonders für mich? In erster Linie liegt es daran, dass es alles das bietet, was in seinen abgespeckten Game-Boy-Vorgängern fehlte:

  • Die Spielwelt bestand nicht länger nur aus Dorf, Wald und Farm. Sie war nun viel weitläufiger und lud zum Erkunden ein: Hinzu kam ein Strand, ein kleiner Gebirgsabschnitt, der sogenannte ,,Mutterberg" sowie ein See, welcher im Winter einfror und somit den Zugang zu einer speziellen Höhle ermöglichte, in der Edelsteine abgebaut werden konnten.


  • Neben Kühen, Hühnern, einem Pferd und einem Hund, konnten nun auch Schafe gepflegt und geschoren werden.

  • Im Teleshoppingkanal konnten nicht nur Einrichtungsgegenstände für das bäuerliche Anwesen, sondern auch Küchengeräte erworben werden, mit deren Hilfe eine Vielzahl von Kochrezepten gezaubert werden konnte. Rührei, heiße Milch oder sogar Sushi? Kein Problem! Hatte man die passenden Zutaten, Geräte und Gewürze, konnte eine Nährstoffreiche Speise hergerichtet werden, die man entweder selbst verspeisen, an einen Dorfbewohner verschenken oder im Kochwettbewerb präsentieren konnte.


  • Die Wettbewerbe markierten die Highlights eines Jahres: Dabei boten sie vor allem die Möglichkeit, die Qualität der Tierprodukte zu verbessern: Gewann die geliebte Kuh ,,Berta" den jährlichen Schönheitswettbewerb, gab sie zur Belohnung goldene Milch, die sich zu einem hübschen Aufpreis verkaufen ließ. Daneben gab es den gleichen Schönheitswettbewerb für Schafe, Pferderennen, den eben erwähnten Kochwettbewerb sowie der Hühner-Kampf als einzig brutales Moment im gesamten Spiel. Obendrauf kamen die Feiertage, wie das Sommerfest, Silvester, Weihnachten, und so weiter. 

  • Neben all diesen und vielen weiteren Aktivitäten, konnte auch eine Familie gegründet werden, was ich immer als Endziel des prinzipiell endlosen Spiels angesehen habe. Und das war gar nicht so einfach: So musste die gewünschte Herzensdame zunächst (meistens Jahrelang) umgarnt, beschenkt und mit Honig, Zuckerwatte und anderen Schleimereien überzeugt werden, dass der Bauertölpel von Hof nebenan der Richtige ist. Nach circa 65 verschenkten Portionen Rührei (ich hatte mir Hühnerwirtin Popuri ausgesucht, die natürlich Eierspeisen favourisiert), 27 Flaschen Parfüm und beinahe 20 Halsketten hat sie dann auch mal ,,Ja" gesagt (wenn das mal im echten Leben so wäre...).

Apropos ,,Jahrelang": Ich habe meinen allerersten Spielstand heute, nach über zehn Jahren, immer noch, d.h. ich habe nie ein neues Spiel gestartet! Dort befinde ich mich im 16.Spieljahr, habe geheiratet, ein Kind und eine Superfarm, die dementsprechend Arbeit macht. Gelegentlich schmeiße ich meinen alten GBA:SP an und spiele ein paar Tage: Ich bewässere meine Pflanzen und kümmere mich um meine Kühe, Schafe und Hühner; ich gehe Angeln, sammle Honig und Trauben im nahen Wald, besuche die örtlichen Läden, in denen ich Lebensmittel und Samen kaufe oder rede einfach nur mit einem der zahlreichen Bewohnern der Stadt Mineral Town, ...


Zum Schluss eine kleine Anekdote: 

Ich wäre damals beinahe nie dazu gekommen, dieses Schmuckstück überhaupt zu spielen! Ach Mist, jetzt muss ich doch etwas weiter ausholen: Vor mehr als zehn Jahren bin ich immer gerne in die Spielhalle gegangen. Nein nicht diese verräterische Verarmungsmachinerie, die ohnehin schon güterlose Menschen an die Schwelle ihrer Existenz treibt, sondern eben eine echte Spielhalle voller Arcade-Automaten, Motorradspielen, Lightgun-Shooter, usw ( ... Nun streng genommen ist auch solch eine Spielhalle eine Verarmungsmachinerie, wenn Eltern und Großeltern nicht genügend Acht geben).
Nachdem ich mir also besagtes GBA-Spiel bei Media Markt nebenan stolz besorgte, machte ich mit meinem Opa einen kurzen Abstecher in die Spielhalle. Wir spielten ein Angelspiel, bei dem eine halbe Plastikrute eine echte Angel simulieren sollte und Air Hockey. Die Zeit verstrich und es wurde dunkel, sodass wir uns schließlich auf den Heimweg machten. Sicher angeschnallt im Auto stellte ich mit einem großen Schreck fest: ,,WO IST HARVEST MOON?" Ich hatte die Media-Markt-Tüte samt Spiel tatsächlich in der verfluchten Spielhalle vergessen! Also bin ich schnell wieder hineingerannt und habe die rote Tüte mit dem wertvollen Inhalt am Empfang abgeholt, wo sie ein sehr netter Mensch glücklicherweise abgegeben hat.
Die Moral der Geschichte? Fundsachen immer schön abgeben und Spielhöllen am besten meiden, dann führt ihr ein gutes und geregeltes Leben. Wie bei Harvest Moon.


Samstag, 9. August 2014

Assassin's Creed: Eine unendliche Geschichte




Erinnert ihr euch noch an den 15. November 2007?  Nun, wenn ihr da nicht gerade Geburtstag oder einen Autounfall hattet, dann tappt ihr da wahrscheinlich im Dunkeln. Ich erinnere mich an diesen Tag, obwohl mir nichts der eben genannten Schrecklichkeiten wiederfahren ist. Ich erinnere mich an diesen Tag, weil er die Geburtsstunde einer schier unsterblichen Ikone markierte. Dabei begann er wie jeder andere: Höchstwahrscheinlich klemmte ich in meinem Pult in der Schule und versuchte mich vom stressigen Unterricht abzulenken, indem ich in fremden Welten schwelgte.
Damals hatte ich mir gerade die Playstation 3 für sage und schreibe 599 Euro zugelegt. Ich bereue, damals wie auch heute, nichts. Na gut, vielleicht war ich etwas enttäuscht vom anfänglich sperrlichen Spieleangebot. Lediglich Fifa 08 hielt tapfer und einsam den Platz im Regal, den ich für eine zukünftige PS3-Spielesammlung vorgesehen hatte. Kein Wunder also, dass ich Printmagazine und ein damals viel kleineres Online-Angebot ergiebig verfolgte, um mich über die nächsten Next-Gen-Titel hinreichend zu informieren. Screenshots und Teaser eines Spieles fixten mich immer besonders an. Dieses Spiel hieß Assassin's Creed. Es erschien am 15. November 2007.

Heute heißt dieses Spiel immer noch so und steht inmitten einer großen Gefolgschaft von Namensvettern in meinem vollen Spieleregal. Denn wie uns vielleicht bekannt ist, schreiben wir nun das Jahr 2014 und da haben wirs, zack! Das Spiel, auf das wir alle unruhig und fingernägelkauend gewartet haben, wurde endlich mehr oder weniger elegant angekündigt: Assassin's Creed Rogue. Spielerinnen und Spieler der ganzen Welt (nun, vielleicht nicht der ganzen Welt, aber zumindest die aus der westlichen Hemisphäre) liegen sich heulend in den Armen; Fanfaren, Flaggen und Jubelgesänge in den muffigen Zimmern eines jeden AC-Hardcore-Anbeters feiern den nunmehr ... ähm ... achten Teil der erfolgreichen Meuchelmörderserie von Ubisoft. 


  1. Assassin's Creed: 15. November 2007
  2. Assassin's Creed 2: 19. November 2009
  3. Assassin's Creed Brotherhood: 17. März 2011
  4. Assassin's Creed Revelations: 1. Dezember 2011
  5. Assassin's Creed 3: 1. November 2012
  6. Assassin's Creed 4 Black Flag: 29. November 2013
  7. Assassin's Creed Unity: 28. Oktober 2014
  8. Assassin's Creed Rogue 11. November 2014

Acht Teile. Acht! Seid ihr eigentlich bescheuert? Dabei habe ich nicht einmal eure halbherzigen Ableger für die Handhelds mitgezählt...
Vor sieben Jahren kam der erste Auswurf eures Quantums. Das macht acht Spiele in sieben Jahren! Square Enix' feinstes Ross im Stall, Final Fantasy, umfasst ohne Nebenprodukte und Handheld-Wischwasch bald 15 Hauptteile, ist aber im Grunde so alt wie die wiedervereinigte Bundesrepublik. Die sind Zeit-/Leistungstechnisch fein raus. Aber Ubisoft, du geiles Arbeitstier, schmeißt deine Spiele wie die Kamellen vom Karnevalskarren in die mittlerweile erschlafften Arme des gemeinen Volkes. Ubisoft, du erzcalvinistischer Bauer melkst nur noch Luft aus dem Euter deiner liebsten und teuersten Kuh!


Der Morgenschiss kommt ganz gewiss und wenn er auch am Abend ist

Als Soziologiestudentin habe ich als erstes gelernt: Alles, Gesellschaft, Politik und Kultur, verändern sich, sind ständig im Wandel. Schuld daran, sind wir (mehr oder weniger behaarten) zweibeinigen Großhirne, die sich in alle Belange des Lebens einmischen, diese umbauen und wieder neu zusammenfügen. Verständlich also, dass man sich über jede einzelne Konstante im Leben freut: Der tägliche Gang auf die Morgentoilette, die abendliche Tagesschau und Assassin's Creed am Ende eines jeden Jahres.
Jeden Tag fünf Protionen Obst und Gemüse; jeden Sonntag über Montag meckern; am Ende des Monats vor dem Geldautomaten der örtlichen Bank campieren; im November eines jeden Jahres auf das Päckchen mit dem Inhalt Assassin's Creed X warten - der Mensch ist ein Gewohnheitstier, welches sich im rasanten Wandel der Welt feste Fundamente auf dem bröseligen Boden schaffen muss. Das hat Ubisoft auch kapiert und will nur helfen, ist doch klar. Deshalb ist es auch nicht verwerflich, wenn wir armen, diffusen Drifter pünktlich nach der Ankündigung fleißig den Vorbesteller-Button drücken, um uns dieses Fundament auch zukünftig zu sichern. Und wenn wir nicht ohnehin schon gesegnet sind, werden wir dafür noch belohnt, mit einzigartigem Zusatzinhalten! Dabei sind Vorbestellerboni in etwa so sinnvoll wie die berühmte Pferderüstung aus Oblivion. Das lohnt sich! Das macht Spaß! Das gibt Grund zum Anlass, das Spiel so lange zu zocken, bis die Day-One(-you're-so-special-'cause-it's-day-one)-Edition des Nachfolgers im Postkasten liegt.


Eine unendlich verworrene Geschichte

Die Story von Assassin's Creed habe ich wirklich einmal als interessant empfunden. Das Ganze begann als spannend daherkommende Verschwörungsstory im Science-Fiction-Mittelalter-Mix wurde aber durch die absurde Vielzahl der Teile wie eine Hubbabubba-Kaugummi-Rolle aus den Neunzigern langgezogen, in den ohnehin schon vollen Mund gestopft und mit einem großen Würgen in Form eines matschigen, verformten Klumpens wieder in die Welt entlassen. Glückwunsch Ubisoft und vielen Dank für den Haufen verklumpter Story-Grütze, die ihr uns Spielern serviert. Das lohnt sich! Das macht Spaß! Das gibt Grund zum Anlass, sich so lange darüber den Kopf zu zerbrechen, bis die ultramega Revelation-Assassination Collectors-Edition des Nachfolgers im Postkasten liegt (inklusive Zusatzinhalte in Form einer hübschen, wohlgemerkt digitalen Robe für den immerbärtigen Hauptcharakter).

...

Achso, du hattest übrigens eine tolle Kindheit und Jugend wenn du dich an das hier erinnerst:




oder das hier:



oder das, um mal wieder zum Urthema ,,Videospiele" zurückzukommen:



... ,,toll" meint hier übrigens, dass deine Generation sich durch ikonisches, aber mittlerweile ausgestorbenes Unterhaltungswerkzeug von anderen abgrenzt und deshalb einzigartig ist. Ich als Kind der Neunziger werde meinem eigenen Kind deshalb die fast bröseligen CD-Hüllen von Tony Hawk's Pro Skater, Grandia, Legacy of Kain und Legend of Dragoon höhnisch unter die kleine Nase reiben und gleichzeitig wehleidig proklamieren, dass es diese Erfahrung, die ich in seinem Alter machte, auf Grund des Wandels von Technik und Moral, wohl niemals genau so teilen kann. Schade. Beruhigender ist der Gedanke, dass mir mein Kind im Gegenzug ein Exemplar von Assassin's Creed 15: Future Assassins unter die Nase reibt und sagt: ,,Guck mal Mama, das kennst du doch auch, ist das nicht toll?".